Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INDUSTRIE

FORSCHUNG/341: Frühjahrstagung der Europäischen Akademie Bad Neuenahr-Ahrweiler zu erneuerbaren Energien (idw)


Europäische Akademie zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen Bad Neuenahr-Ahrweiler GmbH, Friederike Wütscher, 31.03.2010

Frühjahrstagung der Europäischen Akademie Bad Neuenahr-Ahrweiler GmbH zu erneuerbaren Energien

Versorgungssicherheit bei Einhaltung langfristiger CO2-Reduktionsziele?


Bad Neuenahr-Ahrweiler, 31. März 2010. - Der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung nimmt immer mehr zu. Grund dafür sind unter anderem die festgelegten Einspeisevergütungen, die zum Klimaschutz beitragen sollen. Mit ihnen sollen Politikziele für den Anteil erneuerbarer Energien an der Energieversorgung erreicht werden. Die Stromein- und Stromausspeisung muss aus technischen Gründen zu jeder Zeit ausgeglichen sein, damit keine Fehlfunktionen im Netz auftreten und der erzeugte Strom eine ausreichende Qualität besitzt.

Da die Menge des eingespeisten elektrischen Stroms der meisten aus heutiger Sicht in Frage kommenden Technologien von der Höhe der aktuell herrschenden Windgeschwindigkeiten bzw. Sonnenstrahlung an den jeweiligen Standorten abhängt, bringt die Nutzung erneuerbarer Energien auch Unwägbarkeiten mit sich, die diskutiert und geklärt werden müssen.

Daher veranstaltete die Europäische Akademie vom 24. bis 26.3.2010 ihre Frühjahrstagung zum Thema "Sichere Stromversorgung und erneuerbare Energien. Versorgungssicherheit bei Einhaltung langfristiger CO2-Reduktionsziele?" im Wissenschaftszentrum Bonn. Dazu wurden, als Auftakt zur Tagung, in einem öffentlichen Abendvortrag von Professor Dr. Kornelis Blok (Universität Utrecht) der derzeitige Stand der wissenschaftlichen und politischen Diskussion von Zukunftsszenarien und Klimaschutzzielen sowie geforderte Beiträge der weltweiten Energieversorgung diskutiert.

Im ersten Hauptteil der Tagung stellte Dr.-Ing. Joachim Nitsch (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V., Stuttgart) unter anderem die sogenannten "Leitszenarien" des Bundesumweltministeriums dar. Diese zeigen Möglichkeiten für die Einhaltung der Ziele für Deutschland bis 2050 unter umfangreicher Verwendung erneuerbarer Energien auf. Aus ihnen wird deutlich, wie diese Ziele unter den gesetzten Annahmen, u.a. für die Technologieentwicklung, erreicht werden könnten. Priv.-Doz. Dr. Dietmar Lindenberger (Universität zu Köln) präsentierte die Ergebnisse aus den Netzstudien der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena). Dabei nannte er Möglichkeiten zur Integration von Windkraftanlagen in die deutsche Stromversorgung bis zum Jahre 2015 bzw. 2020/2025 und betonte die Notwendigkeit der europäischen Perspektive für einen effizienten Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien.

Ein weiterer Tagungsschwerpunkt waren die technischen Möglichkeiten zum Ausgleich schwankender Stromeinspeisungen in den Bereichen elektrische Netze und Energiespeicher. Zunächst stellte Professor Dr.-Ing. Christian Rehtanz (TU Dortmund) die Herausforderungen und Möglichkeiten zur Integration erneuerbarer Energien in die elektrischen Stromversorgungsnetze dar: Lösungen für Netzengpässe sowie derzeit mangelnde Flexibilität in den Verteilnetzen könnten unter anderem koordinierte Lastflussregelung, Gleichstromübertragungsleitungen und Endkundenbeteiligung sein. Des Weiteren gab Professor Dr. Dirk Uwe Sauer (RWTH Aachen) einen Überblick über Optionen und Einsatzmöglichkeiten zur Speicherung von elektrischer Energie und entwickelte ein Technologieszenario, in dem vor allem Wasserstoff und Pumpspeicher für den Ausgleich in Zeiträumen von mehr als ein paar Tagen verwendet werden; für kürzere Zeitskalen wären beispielsweise Fahrzeugspeicher, thermische Speicher und Smart- Grid-Management denkbar. Im letzten Sektionsbeitrag zur technischen Integration erneuerbarer Energien in die Stromversorgung stellte Professor Dr. Dr.-Ing. Hans Müller-Steinhagen (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V., Stuttgart/Universität Stuttgart) das Desertec-Konzept, eine Industrie-Initiative zur sicheren und umweltfreundlichen Stromversorgung, und seine Integration in einen Stromverbund aus EU- und Mittelmeer-Anrainerstaaten (MENA) vor. Zur Sicherung einer gleichmäßigen Einspeisung werden dabei unter anderem solarthermische Kraftwerke mit effizienten Wärmespeichern und Gleichstromübertragungsleitungen kombiniert.

Im dritten Teil der Tagung wurden rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen für die Integration erneuerbarer Energien untersucht. So diskutierte Professor Dr. Thomas Ziesemer (Universität Maastricht) zunächst ökonomische Rahmenbedingungen für Marktökonomien und schlug vor, diese grundlegend zu überarbeiten. Darauf folgend ging Professor Dr. Jens-Peter Schneider (Universität Osnabrück) auf derzeitige rechtliche Regelungen und Möglichkeiten für Weichenstellungen für zukunftsfähige Energiesysteme vor dem Hintergrund des aktuellen Rechtsrahmens in Deutschland und Europa ein, zum Beispiel auf die Frage von Zuständigkeiten für den Bau von Speichern und Nutzungskonflikte von Speichermedien wie Gaskavernen. Den Abschluss bildeten Kommentare von Industrievertretern (EWE, citiworks, E.ON, RWE) zum Thema. Dabei wurden erste Ansätze zur Integration erneuerbarer Energien gezeigt und eine Reihe von weiteren bisher ungeklärten Fragen aufgeworfen.

Insgesamt wurde deutlich, dass zwar bereits Konzepte und Technologien für die Integration erneuerbarer Energien existieren, diese allerdings weiterer Entwicklungen bedürfen. Aufgrund der Langfristigkeit der Entwicklung und Implementierung einzelner technischer Maßnahmen sowie möglicherweise notwendiger struktureller Anpassungen von Märkten und der Regulierung elektrischer Netze sollten parallel zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien unterstützende Konzepte und Maßnahmen zu ihrer Integration weiter ausgearbeitet und umgesetzt werden.

- Die Tagungsbeiträge finden Sie auf der Homepage der Europäischen Akademie: www.ea-aw.de

- Referenten: Professor Dr. Kornelis Blok (Universität Utrecht); Andreas Brabeck (RWE AG, Essen); Vera Brenzel (E.ON, Düsseldorf); Jörg-Werner Haug (citiworks AG, München); Dr. Wolfram Krause (EWE AG, Oldenburg); Priv.-Doz. Dr. rer. pol. Dietmar Lindenberger (Universität zu Köln); Professor Dr. Dr.-Ing. Hans Müller-Steinhagen (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V., Stuttgart/Universität Stuttgart); Dr.-Ing. Joachim Nitsch (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V., Stuttgart); Professor Dr.-Ing. Christian Rehtanz (TU Dortmund); Professor Dr. rer. nat. Dirk Uwe Sauer (RWTH Aachen); Professor Dr. jur. Jens-Peter Schneider (Universität Osnabrück); Professor Dr. rer. pol. Thomas Ziesemer (Universität Maastricht)

- Wissenschaftliche Koordination: Dr.-Ing. Bert Droste-Franke (Europäische Akademie GmbH)

Die Europäische Akademie zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen Bad Neuenahr-Ahrweiler gGmbH wurde 1996 vom Land Rheinland-Pfalz und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) gegründet. Direktor der Gesellschaft ist der Philosophieprofessor Dr. Dr. h.c. Carl Friedrich Gethmann. Wissenschaftlich-interdisziplinäre Arbeitsgruppen widmen sich der Erforschung und Beurteilung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen für das individuelle und soziale Leben des Menschen und seine natürliche Umwelt. In wissenschaftlicher Unabhängigkeit führt die Akademie einen Dialog mit Wirtschaft, Kultur, Politik und Gesellschaft. Damit will sie zu einem rationalen Umgang der Gesellschaft mit Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen beitragen. Weitere Informationen erhalten Sie über die Homepage www.ea-aw.de.

Die gesamte Pressemitteilung erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/pages/de/news362578

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution626


*


Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Europäische Akademie zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer
Entwicklungen Bad Neuenahr-Ahrweiler GmbH, Friederike Wütscher, 31.03.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. April 2010