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ARTENRAUB/153: Costa Rica - Erosion zerstört Brutstätten von Meeresschildkröten (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 17. April 2014

Costa Rica: Erosion zerstört Brutstätten von Meeresschildkröten

von Diego Arguedas Ortiz


Bild: © Diego Arguedas Ortiz/IPS

Durch die Erosion der Strände im Cahuita-Nationalpark verlieren Schildkröten ihre Nistplätze
Bild: © Diego Arguedas Ortiz/IPS

Cahuita-Nationalpark, Costa Rica, 16. April (IPS) - Die vom Aussterben bedrohte Echte Karettschildkröte hat nur noch wenige Rückzugsorte, darunter den Cahuita-Nationalpark in Costa Rica. Bereits im Jahr 2012 wurden nur noch 53 Nester an den Stränden des Reservats gezählt. Umweltschützer sind machtlos gegen den größten Feind der Tiere: die Erosion der Strände.

Über mehrere Jahrhunderte waren die rund acht Kilometer langen Küstengebiete in Cahuita Brutstätten für mehrere Meeresschildkrötenarten: für die Lederschildkröte, die Suppenschildkröte, die Unechte Karettschildkröte und die Echte Karettschildkröte. Die Erosion und der Anstieg des Meeresspiegels haben den Platz für Brutstätten schrumpfen lassen. So kommen deutlich weniger Schildkröten aus dem Karibischen Meer zum Eierlegen in das Gebiet im Südosten der costaricanischen Provinz Limón.

"Viele Schildkröten steuern Strände außerhalb des Parks an, die wir nicht unter Kontrolle haben. Dort sind sie weniger geschützt", sagt Mario Cerdas, der für das Schutzgebiet zuständige Verwaltungsbeamte.

Der Cahuita-Park erstreckt sich über eine Fläche von rund 1.100 Hektar auf einer sumpfigen Halbinsel und umfasst außerdem ein Meeresgebiet von 23.000 Hektar Größe, in dem sich auch das wichtigste Korallenriff des Landes befindet. Cahuita wurde 1978 als Park ausgezeichnet.


Erderwärmung bringt mehr weiblichen Nachwuchs hervor

Experten sorgen sich nicht nur darum, dass die Meeresschildkröten andere Brutstätten als bisher ansteuern. Durch den fortschreitenden Temperaturanstieg werden zudem mehr Weibchen als Männchen geboren - je wärmer der Sand, umso weniger Männchen. Das hat Folgen für den Bestand, warnt der Wissenschaftler Borja Heredia, Mitarbeiter des Sekretariats für das Übereinkommen zur Erhaltung wandernder wild lebender Tierarten (CMS) - auch 'Bonner Konvention' genannt.

An Hunderten weiteren Orten werden wandernde Tierarten durch den Klimawandel bedroht. Dürren in Afrika verhindern beispielsweise, dass jährlich Millionen Zugvögel die Sahara überqueren können. Polarbären finden kaum noch Nahrung. Auch die Migrationsrouten der Monarchfalter haben sich durch die globale Erderwärmung verändert.

Mit dieser Entwicklung befassten sich Wissenschaftler und Regierungsvertreter aus aller Welt auf einem Treffen, das vom 9. bis 11. April in Guácimo in Limón stattfand. Der Workshop wurde von einer CMS-Arbeitsgruppe aus Klimaforschern aus mehr als 20 Ländern organisiert. Die Experten suchten nach Lösungen, um die Folgen des Klimawandels für Wale, Schildkröten, Vögel oder wirbellose Tiere abzumildern, wie der Leiter der Arbeitsgruppe, Colin Galbraith, berichtete.

Bis Anfang Mai muss das Team den 120 Vertragsstaaten der Konvention einen Bericht vorlegen. Im Juni wird der Wissenschaftsausschuss von CMS die Ergebnisse auswerten. In einem nächsten Schritt soll der Text dann im November auf der Vertragsstaatenkonferenz in der ecuadorianischen Hauptstadt Quito angenommen werden.

Nach Ansicht der Experten ist der Schutz der wandernden wild lebenden Tierarten eine beispiellose Herausforderung, weil sich die Klimaveränderungen in den verschiedenen Weltregionen unterschiedlich auswirken. Da die von Menschen gezogenen Grenzen für Tiere unerheblich sind, will CMS ein internationales Netzwerk aus Naturschutzgebieten schaffen, um die Migrationsrouten zu schützen.


Korallenriffe und Feuchtgebiete gefährdet

Im März hatte der Weltklimarat (IPCC) in seinem zweiten Band des fünften Klimaberichts bestätigt, dass die Erderwärmung die Ökosysteme auf der Welt gefährde. In Küstengebieten bedroht der steigende Meeresspiegel Habitate wie Korallenriffe, Feuchtgebiete und Brutstätten an Stränden. Cahuita hat laut Cerdas im Laufe von 15 Jahren bis zu einem Viertel seiner Strände verloren. Bei den jüngsten Überschwemmungen drang das Wasser bis zu dem Holzhaus des Parkaufsehers vor, das ansonsten 100 Meter von der Uferlinie entfernt liegt.

"Wandernde Tiere stehen vor ähnlichen Problemen wie Menschen. Sie müssen sich entscheiden, wann sie sich fortbewegen, welche Routen sie nehmen, wo sie ihre Nahrung aufnehmen, wo sie sich ausruhen und wie lange sie in ihrem Ausweichquartier bleiben, bevor sie nach Hause zurückkehren", schrieb CMS-Generalsekretär Bradney Chambers in einer Kolumne. "Was Menschen trivial erscheinen mag, kann bei Tieren über Leben oder Tod entscheiden."

Der Bericht der Arbeitsgruppe wird auch von der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen und der Artenvielfaltkonvention begutachtet. Max Andrade vom Umweltministerium in Quito erklärte dazu, er halte es für notwendig, dass die Umweltkonventionen stärker kooperierten. Mit der Ausrichtung des nächsten Treffens der CMS-Vertragsstaaten wolle Ecuador ein Schlaglicht auf das Problem der globalen Erwärmung werfen. (Ende/IPS/ck/2014)


Links:

http://www.ipsnews.net/2014/04/turtles-change-migration-routes-due-climate-change/
http://www.ipsnoticias.net/2014/04/tortugas-migratorias-cambian-de-ruta-para-eludir-cambio-climatico/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 16. April 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. April 2014