Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

ARTENSCHUTZ/094: Artenvielfalt bei der Städteplanung berücksichtigen - Zeit ist reif (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. Oktober 2012

Umwelt: Artenvielfalt bei der Städteplanung berücksichtigen - Zeit ist reif

von Manipadma Jena


UNEP-Chef Achim Steiner und Pawan Sukhdev auf der COP 11 - Bild: © Manipadma Jena/IPS

UNEP-Chef Achim Steiner und Pawan Sukhdev auf der COP 11
Bild: © Manipadma Jena/IPS

Hyderabad, Indien, 22. Oktober (IPS) - Erwartet wird, dass 60 Prozent der Welt bis 2030 städtisch sein werden. Daraus ergibt sich nach Ansicht von Kobie Brand, Exekutivsekretärin von 'ICLEI Africa - Local Governments for Sustainability', die Frage, warum man sich nicht schon jetzt darauf einstellt und den Artenschutz in die Städteplanung integriert

Allein schon die Existenz von ICLEI, einer weltweiten Vereinigung von Städten, Gemeinden und Landkreisen für Umweltschutz und nachhaltige Entwicklung, legt nahe, dass die Bedeutung grüner urbaner Zentren zunimmt. Das regionale ICLEI-Zentrum für städtische Artenvielfalt mit Sitz in Kapstadt arbeitet eng mit dem UN-Übereinkommen über biologische Vielfalt (CBD) zusammen.

Die weltweite Verstädterung hat Folgen für die Artenvielfalt und die Ökosysteme, sollte sich der bisherige Trend fortsetzen. Dies geht aus dem neuen Bericht der CBD hervor, deren Elfte Vertragsstaatenkonferenz (COP 11) im südindischen Hyderabad am 19. Oktober mit dem Versprechen der Industriestaaten zu Ende ging, die Hilfen für die Entwicklungsländer zum Schutz der Biodiversität bis 2015 auf zehn Milliarden US-Dollar jährlich zu verdoppeln.

Der auf der COP 11 veröffentlichte Bericht 'The Cities and Biodiversity Outlook' ist die erste globale Analyse der Folgen der vorausgesagten Muster städtischer Urbanisierung für Artenvielfalt und Ökosysteme. Dem Report zufolge, der Beiträge von 123 Wissenschaftlern enthält, müssen mehr als 60 Prozent der Flächen, die bis 2030 urbanisiert werden, erst noch bebaut werden. "Das macht eine CO2-niedrige, ressourceneffiziente Stadtentwicklung möglich", meinte Thomas Elmqvist vom 'Stockholm Resilience Centre' und wissenschaftlicher Redakteur des Berichts auf dem Treffen 'Cities for Life', das parallel zur COP 11 in Hyderabad stattfand.


Artenreichtum im kleinsten Garten

"Städte müssen lernen, wie sie die Artenvielfalt besser schützen und fördern können, denn in den urbanen Zentren ist Biodiversität durchaus möglich und spielt eine wichtige Rolle für die Gesundheit der Menschen", betonte Elmqvist. Selbst kleine Gärten zeichnen sich durch eine große Artenvielfalt aus, wie eine in der britischen Stadt Sheffield durchgeführt Studie herausfand. So wurden in 61 Kleingärten 4.000 Tierarten der Wirbellosen, 80 Flechten- und mehr als 1.000 Pflanzenspezies identifiziert.

"Städter lieben die Natur, doch nehmen sie sie als gegeben hin. Sie verstehen nicht die Bedeutung der Biodiversität. Deshalb ermutigen und belohnen wir Menschen, die die Artenvielfalt einschließlich der Frösche schützen", meinte die 21-jährige Julia Hennlein. Die deutsche Studentin war Mitglied einer Jugenddelegation, die an der COP 11 teilgenommen hatte.

"Städte sind Orte, an denen Innovationen und Instrumentarien geschaffen werden. Somit sind die urbanen Zentren in einer besseren Position, die Führung beim Artenschutz zu übernehmen", meinte der CBD-Exekutivsekretär Braulio Ferreira de Souza Dias. "Die Art und Weise, wie unsere Städte entwickelt werden, wie Menschen in ihnen leben und wie politische Entscheidungen getroffen werden, definieren in einem hohen Ausmaß die künftige globale Nachhaltigkeit."

Schon kleine Schritte, wie die Entwicklung eines effizienten städtischen Parksystems, könnten viel bewirken, meinte Aarati Khosla, Leiterin der Kampagne 'Earth Hour City Challenge' der Indien-Sektion des WWF.

Die indische Hauptstadt Neu-Delhi und das Hauptgeschäftszentrum des Subkontinents, Mumbai, belegen einem neuen Bericht des UN-Programms für menschliches Siedlungswesen (UN-Habitat) von 95 Städten weltweit den 58. beziehungsweise 52. Platz. Schlechte Umweltbedingungen und Verschmutzung gehören zu den Hauptgründen, warum die beiden Städte so schlecht abschneiden.

Indien, das derzeit eine massive Urbanisierung erlebt, geht davon aus, dass die städtische Bevölkerung von derzeit 30 Prozent der Gesamtbevölkerung auf 50 Prozent bis 2044 ansteigen wird. Indien hat an der globalen Stadtbevölkerung einen Anteil von elf Prozent. Bis 2031 wird sich dieser Prozentsatz auf 15 Prozent erhöht haben.

"Urbanisierung in der derzeitigen nicht-nachhaltigen Art und Weise wirkt sich auch auf die ländlichen Gegenden aus, indem sie dort die Lebensgrundlagen, Lebensstile, Konsummuster und Abfallgenerierung verändert", meinte Helene Roumani, Koautorin der Lokalen Aktion für Artenvielfalt aus Jerusalem, die das Treffen 'Cities for Life' besucht hatte.


Behörden sollen sich mit Leistungen der Umwelt
auseinandersetzen

Achim Steiner, Exekutivdirektor des UN-Umweltprogramms (UNEP) drängte die Lokalregierungen dazu, sich mit der Bedeutung der Leistungen der Ökosysteme für die Stadtplanung intensiv zu befassen. Ein Drittel der Bevölkerung könnte bald in wassergestressten Gebieten leben, so Steiner bei der Veröffentlichung des Berichts 'The Economics of Ecosystems and Biodiversity for Water and Wetlands' (Die Ökonomien der Ökosysteme und Artenvielfalt für Wasser und Feuchtgebiete). Dem Bericht zufolge hat die Welt im letzten Jahrhundert die Hälfte ihrer Feuchtgebiete verloren.

Doch nach Ansicht des anerkannten indischen Umweltschützers Ashish Kothari gilt es auch die Städte zu entlasten. "Es wird nur sehr wenig unternommen, um die Dörfer zu regenerieren. Wo dies geschieht, kehren die Bauern aus den Städten in die Dörfer zurück", betonte er. (Ende/IPS/kb/2012)


Links:

http://iclei.org/?id=12654
http://www.cbd.int/
http://www.stockholmresilience.org/
http://www.ipsnews.net/2012/10/urban-planning-must-factor-in-biodiversity/

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 22. Oktober 2012
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Oktober 2012