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FISCHEREI/018: Proteste gegen Aquakultur vor Hawaii - Indigene Fischer verdrängt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 8. August 2011

Umwelt: Proteste gegen Aquakultur vor Hawaii - Indigene Fischer verdrängt

Von Kanya D'Almeida


Washington, 8. August (IPS) - In Hawaii haben Umweltschützer kurz vor dem Internationalen Tag der indigenen Völker am 9. August beim Bundesbezirksgericht eine Klage gegen die Wetter- und Ozeanografiebehörde NOAA eingereicht. Sie protestieren gegen die Genehmigung für eine offene Aquakulturanlage vor der Westküste der Insel.

Das Umweltbündnis KAHEA und die Verbraucherschutzvereinigung 'Food and Water Watch' (FWW) werfen der Behörde vor, der Massenfischhaltung, der Verseuchung der Küstengewässer und der Verletzung der Rechte indigener Völker Vorschub zu leisten. Die der NOAA unterstellte nationale Meeresbehörde NMFS hatte der 'Kona Blue Water Farm' erlaubt, im Alenuihaha-Kanal Meerestiere züchten.

FWW kritisiert in einem Bericht mit dem Titel 'The Empty Promise of Ocean Aquaculture in Hawaii' ('Das leere Versprechen der Meeres-Aquakultur in Hawaii'), dass in offenen Aquakultur-Anlagen Fische in Massen in Netzkäfigen gehalten werden. Auf ähnliche Weise würden auf dem Land bereits Schweine und Hühner in Ställen zusammengepfercht.

Kona Blue hält in den Käfigen jeweils 2.000 kleine Fische, die bis zu einem Gewicht von drei bis vier Kilo gemästet werden. Die Käfige schwimmen knapp unter Wasseroberfläche und sind durch Ketten mit Segelbooten verbunden. Dem Bericht zufolge sind die 'Aquapods' in einem Radius von drei bis 150 Meilen vor der Küste zu finden. Das Experiment werde keinen größeren negativen Fußabdruck hinterlassen, versicherte die Firmensprecherin Kelly Coleman gegenüber IPS. "Uns geht es darum, zu einer nachhaltigen Aquakultur beizutragen."

Doch Umweltschützer und Anrainer wollen die Genehmigung für Kona Blue nicht stillschweigend hinnehmen. Zach Corrigan, Direktor des FWW-Fischschutzprogramms, wirft der NOAA vor, ihre Kompetenzen überschritten und die Betriebsgenehmigung willkürlich erteilt zu haben. Der Behörde wird außerdem zur Last gelegt, keine umfassende Umweltverträglichkeitsstudie zu den Auswirkungen der Aquakultur auf die lokalen Meeresökosysteme in Auftrag gegeben zu haben. KAHEA wiederum kritisiert die Konzession als "missbräuchliche Anwendung der Bestimmungen für kommerziellen Fischfang auf industrielle Aquakultur".

Noch im März hatten die zuständigen Behörden eingeräumt, dass das Vorhaben von Kona Blue für zahlreiche bedrohte Arten negative Folgen haben könnte. Das Projekt wurde später als "klein" verharmlost, obwohl sich die Genehmigung für die schwimmenden Fischfarmen auf mehr als 18.000 Quadratkilometer bezog. Auch das Argument, das kommerzielle Aquakultur-Projekt werde in einer von der Westküste der Hauptinsel "abgelegenen" Region betrieben, entspricht nicht den Tatsachen. Dort gehen bereits mehr als 460 Fischer mit offiziellen Genehmigungen ihrer Tätigkeit nach. Viele von ihnen stammen von der Inselgruppe Hawaii.


Öffentliche Anhörung gefordert

"Kona Blue behauptet, bereits genutzte Fischgründe mit Hilfe von Satelliten und geografischen Informationssystemen zu umgehen. Diese Gebiete sind aber mit High-Tech-Geräten gar nicht zu erfassen", sagte Corrigan IPS. Das Projekt gehe vollständig zu Lasten der einheimischen Fischer, die sich von diesen Zonen fernhalten müssten. Corrigan forderte, die Kontroverse zum Gegenstand einer öffentlichen Anhörung zu machen.

KAHAE wirft dem industriellen Fischzuchtbetrieb den Mangel an Respekt gegenüber den traditionellen Zucht- und Fangpraktiken indigener Inselbewohner vor. Für indigene Hawaiianer sei es ein Vergehen, Fische in Monokulturen zu züchten. In ihren Zuchtbecken sei ein Mikrokosmos des gesamten ozeanischen Ökosystems zu finden, sagte die KAHAE-Sprecherin Marti Townsend. Es sei zudem üblich, Meerestiere in Küstennähe aufzuziehen.

"Da die traditionellen Zuchtbecken in unmittelbarer Nachbarschaft zu Flussmündungen liegen und die Zuchtfische somit mit Süßwasser in Berührung kommen, sind sie weniger anfällig für Krankheiten", sagte Townsend. Kona Blue hingegen verabreiche seinen Fischen Antibiotika, um sie vor Infektionen zu schützen. KAHEA befürchtet zudem, dass auch die an die Fische verfütterten Sojabohnen die Qualität des Meerwassers schädigen werden.

"Es ist eine schlechte Strategie, in einem so großen Gebiet Experimente durchzuführen", sagte Townsend. Die bereits bekannten Umweltfolgen kommerzieller Aquakultur in Thailand oder Kanada gäben genug Anlass zur Sorge. (Ende/IPS/ck/2011)


Links:
http://kahea.org/
http://www.foodandwaterwatch.org/reports/the-empty-promise-of-ocean- aquaculture-in-hawaii/
http://www.noaa.gov/
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=56754

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. August 2011