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KLIMA/224: Gefahr lauert im Permafrost - Eingeschlossene Treibhausgase schädlicher als gedacht (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 19. Februar 2013

Klima: Gefahr lauert im Permafrost - Eingeschlossene Treibhausgase schädlicher als gedacht

von Stephen Leahy


Bild: © Brocken Inaglory/cc by 3.0

Arktischer Permafrostboden
Bild: © Brocken Inaglory/cc by 3.0

Uxbridge, Kanada, 19. Februar (IPS) - Tauender Permafrost ist eine größere Gefahr für das Klima als bisher angenommen. Wissenschaftler der Universität von North Carolina haben herausgefunden, dass der seit Jahrhunderten im Permafrost eingeschlossene Kohlenstoff bei Kontakt mit dem Sonnenlicht um 40 Prozent schneller in schädliches Kohlendioxid umgewandelt wird. "Das ändert die Debatte um den Klimawandel erheblich", sagt Rose Cory von der Universität von North Carolina gegenüber IPS.

Weltweit bedeckt Permafrost 13 Millionen Quadratkilometer Boden und erstreckt sich über Alaska, Kanada, Sibirien und Europa. Einer Studie von 2011 zufolge könnte das im Permafrost eingeschlossene Kohlendioxid die globalen Erdtemperaturen um drei Grad steigen lassen - zusätzlich zu der von Menschen verursachten Erderwärmung durch Öl, Gas und Kohle.

In diesem Monat hat die Internationale Energieagentur wieder einmal bestätigt, dass die menschengemachten Treibhausgasemissionen die Durchschnittstemperatur auf der Erde um mindestens vier Grad steigen lassen, wenn nicht bald etwas dagegen getan wird. Eine rapide "Entkarbonisierung der Elektrizitätsversorgung" sei notwendig, um das Schlimmste zu verhindern, so Vertreter der Energieagentur bei der Vorstellung eines neuen Buches mit dem Titel "Electricity in a Climate-Constrained World".


Kohlendioxid braucht realistischen Preis

"Die Lösungen sind allseits bekannt: bessere Energieeffizienz, mehr Forschung und Entwicklung für energiearme Produktion - und vor allem muss Kohlendioxid endlich realistisch ausgepreist werden", heißt es in dem Buch.

Die Kohlendioxidemissionen von tauendem Permafrost sind in den bisherigen Szenarien der Internationalen Energieagentur nicht berücksichtigt. Was die neuen Erkenntnisse für die globale Erderwärmung bedeuten, ist noch nicht bekannt. "Wir sind gerade dabei, erste Schätzungen zu erarbeiten", sagt Cory.

Cory untersuchte gemeinsam mit Wissenschaftlerkollegen unterschiedliche Orte in Alaska, wo Permafrost bereits schmilzt. Dabei fanden sie heraus, dass Sonnenlicht dazu führt, dass die Bakterien den Kohlenstoff um rund 40 Prozent schneller in Kohlendioxid umwandeln als dies mit Kohlenstoff passiert, der im Dunkeln lagert. Diese Ergebnisse publizierten die Forscher am 11. Februar im Fachjournal 'Proceedings of the National Academy of Sciences'.

"Das bedeutet, dass der im Permafrost gespeicherte Kohlenstoff ein großer Faktor ist, an dem sich messen lässt, wie schnell die Erdtemperaturen steigen werden", sagt Co-Autor George Kling, Ökologe an der Universität von Michigan. "Noch können wir nicht sagen, wie schnell das arktische Kohlendioxid zur globalen Erderwärmung beitragen wird. Aber es wird auf jeden Fall schneller passieren als bisher angenommen."

Wenn die Temperaturen in der Arktis erst einmal warm genug sind, dann schmilzt der Permafrost rasant und setzt nicht nur Kohlenstoff dem Sonnenlicht aus, sondern auch Methan, wie Kevin Schaefer, Wissenschaftler am Nationalen Schnee- und Eiszentrum (NSIDC) in Boulder im US-amerikanischen Colorado erklärt. Methan ist 40 Mal klimaschädlicher als Kohlendioxid. Doch wie viel Methan im Permafrost steckt, ist unbekannt.


Kipp-Punkt in weniger als 15 Jahren erreicht

2011 warnte Schaefer, dass der so genannten Kipp-Punkt des Permafrostes lediglich 15 bis 20 Jahre auf sich warten lasse. Das bedeutet, dass die klimaschädlichen Auswirkungen des Schmelzens des Permafrostes bereits 2025 bis 2030 nicht mehr umkehrbar seien. Mit den neuen Erkenntnissen wird dieser Zeitpunkt voraussichtlich nun noch früher eintreffen.

Laut Sir Robert Watson, ehemaliger Chef des Internationalen Klimarates IPCC, muss sich die Welt auf höhere Temperaturen um drei bis fünf Grad einstellen. Auf einem Symposium sagte der wissenschaftliche Leiter des 'Tyndall Centre for Climate Change Research', die Welt habe ihre Chance verpasst, unter zwei Grad Erderwärmung zu bleiben, was aber notwendig wäre, um die schlimmsten Folgen des Klimawandels zu verhindern. (Ende/IPS/jt/2013)


Links:

http://www.iea.org/newsroomandevents/news/2013/february/name,35076,en.html
http://www.ipsnews.net/2013/02/thawing-permafrost-may-be-huge-factor-in-global-warming/

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IPS-Tagesdienst vom 19. Februar 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Februar 2013