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PROTEST/007: Malaysia - Widerstand gegen Raffinierung importierter Seltener Erden (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 8. März 2012

Malaysia: Widerstand gegen Raffinierung importierter Seltener Erden

von Baradan Kuppusamy


Kuantan, Malaysia, 8. März (IPS) - In Gebeng an der malaysischen Ostküste sollen ab Juni aus Australien importierte Metalle der Seltenen Erden raffiniert werden. Das Vorhaben hat jedoch eine 'grüne Revolte' ausgelöst. Die Protestbewegung fürchtet, dass die in der Anlage anfallenden radioaktiven Rückstände mit gesundheitlichen Risiken verbunden sind, und fordert die Aufgabe des Projekts.

Die Gegner fanden sich Ende Februar in Kuantan, der Hauptstadt des Bundesstaates Pahang, zu ihrer bislang größten Massendemonstration ein, um gegen die von dem australischen Unternehmen 'Lynas' betriebene Industrieanlage LAMP zu protestieren, in der die für die internationale Elektronikindustrie unentbehrlichen Rohstoffe verarbeitet werden sollen. Dass der anfallende Müll jedoch radioaktives Thorium enthält, bewog 15.000 Menschen auf die Straße zu gehen.

Auch politische Prominenz wie Anwar Ibrahim, Vorsitzender des Oppositionsbündnisses 'Pakatan Rayat', beteiligte sich an der Demonstration. Er kündigte an, im Parlament mit einem Eilantrag die Einstellung des Projektes zu fordern. Die australische Börse reagierte auf die Proteste der besorgten Bürger mit Kursverlusten der Lynas-Aktien.

"Es wird Zeit für die Schließung der Anlage", erklärte der Vorsitzende der zivilen Organisation 'Green Gathering Malay' (HHC), Wong Tack und kündigte an: "Wenn die Regierung weiterhin zögert, wird HHC noch größere Protestaktionen auf dem LAMP-Betriebsgelände in Gebeng organisieren. Malaysia erlebt eine grüne Revolte, weil sich die Menschen vor den bei LAMP anfallenden radioaktiven Abfällen fürchteten."


Radioaktiver Müll aus dem Ausland - Nein Danke

"Die Menschen haben klar gemacht, dass ihre Heimat nicht zur radioaktiven Müllkippe eines australischen Unternehmens werden darf", sagte Michael Jeyakumar, der im Parlament die kleine Oppositionspartei 'Sosialis Malaysia' vertritt. "Das Lynas-Projekt wird aus reinem Profitstreben nicht nur unser Land zerstören, sondern auch unsere Gesundheit und die künftiger Generationen ruinieren. Die Regierung muss auf die Protestierenden hören. Sie darf diesen Wahnsinn nicht rechtfertigen."

Mit LAMP will Australien im asiatischen Raum gegen China mit seinen reichen Vorkommen an Seltenen Erden konkurrieren. Dank der großen Nachfrage nach dem Rohstoff rechnet Lynas nach Produktionsbeginn mit jährlichen Gewinnen von drei Milliarden US-Dollar. Es gibt bereits Lieferverträge mit japanischen Firmen.

Malaysias Ministerpräsident Najib Razak wies die Forderungen der Demonstranten zurück und erklärte, das Projekt sei harmlos und werde von einem Regierungsgremium unter die Lupe genommen. Der radioaktive Müll sollte in einer abgelegen Gegend deponiert werden. Allerdings gebe es bei der Suche nach einem geeigneten Standort Probleme, räumte der Regierungschef ein.

S. M. Mohamed Idris von der internationalen Umweltorganisation 'Friends of the Earth' (FOE) warf Lynas vor, das australische Unternehmen habe sich bei der Standortwahl der Anlage für Malaysia entschieden, weil dort die Gesetze über den Umgang mit Radioaktivität besonders lax seien und sich die entsprechende Zuständigkeit auf vier Ministerien sowie auf die nationale Atomkontrollbehörde AELB verteile.


Laxe Handhabung

"AELB ist mit der Kontrolle des LAMP-Projekts in Gebeng, mit dessen Technologie, den Produktionsmechanismen und der Abfallentsorgung überfordert", sagte der Aktivist. Der dort anfallende radioaktive Müll soll zunächst einmal in Fässer gefüllt und auf dem Betriebsgelände vergraben werden.

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hatte im Juni vergangenen Jahres die Sicherheit der Anlage untersucht. Sie empfahl dem Betreiber, innerhalb von 18 Monaten nach Produktionsbeginn weitere Sicherheitsmaßnahmen vorzunehmen. Bis dahin sollte es auch Pläne für die Entsorgung der strahlenden Abfälle geben.

Fuziah Salleh, eine Abgeordnete des Regionalparlaments von Kuantan, kritisierte das IAEA-Gutachten, weil es lediglich auf den Angaben des Betreibers beruht. Gegenüber IPS bekräftigte sie, die Öffentlichkeit lehne die Anlage aus Angst vor der Belastung mit radioaktiven Strahlen entschieden ab.

Schon einmal hatte Malaysia schlechte Erfahrungen mit einer Verarbeitungsanlage für Seltene Erden gemacht. Eine vom japanischen Konzern 'Mitsubishi Chemical' betriebene Anlage musste 1992 nach massiven Protesten Einheimischer, die von Umweltaktivisten und Politikern aus Japan unterstützt wurden, stillgelegt werden. Innerhalb weniger Jahre war bei Kindern ehemaliger dort beschäftigter Arbeitskräfte ein Anstieg von missgebildeten Neugeborenen und Leukämiefällen bei Kindern festgestellt worden.

Nach einem Bericht der 'New York Times' hat Mitsubishi 2011 in aller Stille damit begonnen, radioaktive Abfälle von vielen tausend Tonnen zu entsorgen und das Betriebsgelände umfassend zu dekontaminieren. (Ende/IPS/mp/2012)


Links:
http://www.foe-malaysia.org/
http://ipsnews.net/2012/03/malaysians-fight-radioactive-waste-from-oz/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 8. März 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. März 2012