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FORSCHUNG/756: Trockensommer wie 2018 waren im Mittelalter keine Seltenheit (idw)


Universität Greifswald - 22.02.2019

Trockensommer wie 2018 waren im Mittelalter keine Seltenheit


Trockene Sommer waren vor 1000 Jahren keine Seltenheit. Forschern der Arbeitsgruppe "Landschaftsökologie und Ökosystemdynamik" der Universität Greifswald ist es nun gelungen, 1000 Jahre Sommertrockenheit für den norddeutschen Raum zu rekonstruieren. Der Artikel "Removing the no-analogue bias in modern accelerated tree growth leads to stronger medieval drought" ist im Februar 2019 in der Fachzeitschrift Scientific Reports erschienen.

Im Rahmen des aktuellen Verbundforschungsprojektes BaltRap (The Baltic Sea and its Southern Lowlands: Proxy-Environment interactions in times of rapid changes) untersuchten die Forscher Jahrringkurven von fast 2000 lebenden Buchen - unter anderem auch aus dem Universitätswald Elisenhain - und archäologischen Bauhölzern aus dem Jahre 1000. Die darin enthaltenen Jahrringe sind ein einmaliges Archiv früherer Umweltbedingungen. Sind die klimatischen Bedingungen gut, sind sie breit, in ungünstigen Jahren wie etwa dem Trockenjahr 2018 fällt das Wachstum gering aus. Diesen Zusammenhang macht sich die Dendroklimatologie zunutze, um vergangene Umweltbedingungen zu rekonstruieren.

Bäume wachsen heute deutlich schneller als in der Vergangenheit. Dies hängt unter anderem mit dem Stickstoff aus Landwirtschaft, Industrie und Verkehr zusammen. Dieser gelangt über Luft und Regen in die Wälder. Diese Stickstoffdüngung, auch Eutrophierung genannt, führt zu deutlich höheren Wachstumsraten in unseren Wäldern, welche traditionell stickstofflimitiert sind. Auch höhere CO2-Konzentrationen in der Luft begünstigen das Wachstum. Um die gleiche Menge Kohlenstoff aufzunehmen, müssen heutzutage die Bäume ihre Spaltöffnungen deutlich kürzer öffnen und verdunsten somit weniger Wasser. Beides führt - genügend Wasser vorausgesetzt - zu mehr Wachstum in den Wäldern. "Wir sind nicht die ersten, die diesen Trend bestätigen können", sagt Dr. Tobias Scharnweber, einer der Autoren des Artikels. "Neu ist jedoch, dass wir mithilfe einer eigens für dieses Vorhaben entwickelten Datenmethode diese Wachstumsraten in unserer Rekonstruktion herausrechnen konnten. Dadurch konnten wir zeigen, dass in unserer Region zu Zeiten des mittelalterlichen Klimaoptimums, also vor ca. 1000 Jahren, die Niederschläge im Sommer im Schnitt deutlich niedriger waren als bisher angenommen. Vielleicht waren also Jahrhundertsommer, wie wir 2018 erlebt haben, damals gar nicht so selten."

Ergebnisse wie diese helfen, den aktuellen, anthropogen verursachten Klimawandel in eine langfristige Perspektive "natürlicher" Schwankungen zu setzen. Mit ihrer neuen Methode zeigen die Greifswalder Wissenschaftler, wie wichtig es ist, in jahrringbasierten Klimarekonstruktionen die heutigen, im Vergleich zur vorindustriellen Zeit deutlich veränderten Wachstumsbedingungen, statistisch zu berücksichtigen.


Weitere Informationen
Arbeitsgruppe Landschaftsökologie und Ökosystemdynamik
https://botanik.uni-greifswald.de/landschaftsoekologie-und-oekosystemdynamik/
www.nature.com/articles/s41598-019-39040-5

Die gesamte Pressemitteilung erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/de/news711003

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution65

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Greifswald - 22.02.2019
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Februar 2019

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