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POLITIK/619: Rede von Barbara Hendricks zur Klimakonferenz von Marrakesch vor dem Bundestag (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung - 11. November 2016

Deutscher Bundestag

Rede der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Dr. Barbara Hendricks, zur Klimakonferenz von Marrakesch vor dem Deutschen Bundestag am 10. November 2016 in Berlin:


Herr Präsident!
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen!

Ja, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, mir ist schon klar: Da muss ich jetzt durch. - Aber bevor Sie sagen, dass ich mit leeren Händen oder leeren Taschen nach Marrakesch fahren müsse, will ich eines vorwegnehmen: Ich fahre nicht mit leeren Taschen nach Marrakesch. Im Gegenteil: Selten ist eine deutsche Umweltministerin mit so gut gefüllten Taschen - wenn ich im Bild bleiben darf - zu einer Klimakonferenz gereist.

Wir haben die Ratifizierung des Pariser Klimaschutzabkommens im Gepäck, die wir in Deutschland im Rekordtempo und in der EU mit größtem diplomatischem Geschick vorangetrieben haben. Wir sind bei der Klimafinanzierung auf einem sehr guten Weg. Die von den Industrieländern versprochenen 100 Milliarden Dollar pro Jahr ab 2020 sind in Reichweite - auch dank tatkräftiger deutscher Mithilfe. Wir sind Schrittmacher bei der internationalen Zusammenarbeit, wenn es darum geht, Entwicklungsländern bei der Erfüllung ihrer nationalen Klimabeiträge zu helfen - auch mit unserer neuen Umsetzungspartnerschaft, die wir in Marrakesch vorstellen werden. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, uns über den Klimaschutzplan als Fahrplan für eine weitgehende Treibhausgasneutralität bis 2050 zum Ende dieser Woche politisch zu einigen und ihn in der nächsten Woche förmlich zu beschließen.

Ich bin zuversichtlich, dass es gelingen kann, die offenen Fragen in diesen Tagen zu klären, sodass ich mit dem Klimaschutzplan zur Klimakonferenz nach Marrakesch reisen kann.

Von daher, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition: Machen Sie sich über uns keine Sorgen, und lassen Sie uns über die bevorstehende Klimakonferenz sprechen.

Wo stehen wir in der internationalen Klimapolitik? Wir haben ein globales Abkommen. Seit dem 4. November ist es nun offiziell in Kraft - und nicht erst 2020, wie ursprünglich geplant. Noch nie zuvor ist ein globaler völkerrechtlicher Vertrag von derart großer Bedeutung so schnell in Kraft getreten. Damit sendet die Staatengemeinschaft ein starkes Signal: Die Weltgemeinschaft ist sich einig, dass die globale Transformation hin zu einer treibhausgasneutralen Weltwirtschaft unumkehrbar erfolgen muss.

Die schnelle Ratifikation war wichtig, aber die Umsetzungsarbeit fängt jetzt erst an. Ich bin optimistisch, dass wir den Schwung aus dem Ratifizierungsprozess mit in die bevorstehenden Verhandlungen nehmen können. Alle Staaten sind aufgefordert, ihre nationalen Klimaschutzbeiträge möglichst schnell und ambitioniert umzusetzen. Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass die EU ihre Gesetzgebung zum EU-Klima- und Energierahmen für 2030 zügig abschließt.

Von Marrakesch erwarten wir klare Signale für eine ambitionierte Umsetzung des Abkommens, gerade auch schon vor 2020, um eben das politische Momentum zu bewahren. Daher passt es gut, dass die marokkanische Präsidentschaft das Motto "Action and Implementation" für die Klimakonferenz ausgerufen hat. Marrakesch wird also eine Umsetzungskonferenz und damit etwas anderes als das, was wir bisher gewohnt waren. Eine Kernfrage dabei lautet: Wie helfen wir anderen Ländern bei der Erfüllung ihrer Klimaschutzziele?

Stichwort "Klimafinanzierung". In Paris haben wir uns darauf verständigt, dass Entwicklungsländer weiterhin Unterstützung erhalten. Vor einem Jahr wurden die Industrieländer in Paris aufgefordert, einen konkreten Fahrplan zur Erreichung des 100-Milliarden-Dollar-Ziels vorzulegen. Diese Roadmap haben wir bereits vor Marrakesch geliefert. Und ich bin mir sicher, dass dieses Signal gut für die Gespräche sein wird.

Die Roadmap stellt dar, dass sich die öffentliche Klimafinanzierung mit den bekannten Ankündigungen der Geber auf 67 Milliarden Dollar im Jahr 2020 erhöht. Zudem hat die OECD errechnet, dass sich die öffentliche Anpassungsfinanzierung voraussichtlich bis 2020 verdoppelt. Das 100-Milliarden-Dollar-Ziel ist also in Reichweite, wenn die private Finanzierung noch erhöht werden kann. Wir dürfen nicht nachlassen, aber wir werden auch nicht nachlassen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Frau Bundeskanzlerin Merkel hat letztes Jahr angekündigt, dass Deutschland seine Klimafinanzierung zwischen 2014 und 2020 verdoppeln wird. Im Jahr 2015 ist Deutschland bereits der größte bilaterale Geber gewesen. Deutschlands öffentliche Klimafinanzierung aus Haushaltsmitteln betrug im vergangenen Jahr 2,7 Milliarden Euro. Zusätzlich haben KfW und DEG weitere 4,7 Milliarden Euro an öffentlicher Klimafinanzierung mobilisiert, sodass die gesamte deutsche öffentliche Klimafinanzierung im Jahr 2015 bei 7,4 Milliarden Euro lag. Deutschland ist damit auf bestem Wege, seine Zusagen einzuhalten und seinen fairen Anteil zu den 100 Milliarden Dollar beizutragen.

Aber es geht nicht nur um Geld, sondern es geht auch um gute Zusammenarbeit. Deutschland wird gemeinsam mit Marokko und anderen Partnern die globale Umsetzungspartnerschaft formal gründen. Zusammen mit unseren Partnerländern und anderen Gebern wollen wir die Klima- und Entwicklungsagenda so zusammenführen, dass Entwicklungsländer die Hilfe bekommen, die sie für ihre nationalen Klimaschutzbeiträge und für die notwendigen Anpassungen an den stattfindenden Klimawandel benötigen. Kollege Müller und ich werden dies gemeinsam in Marrakesch vorstellen. Wir sind optimistisch, dass diese Initiative viele Länder erreichen wird, und hoffen auf die weitreichende Beteiligung. Der offizielle Startschuss für die Partnerschaft soll am 15. November in Marrakesch gegeben werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt in Marrakesch natürlich auch Verhandlungen, aber sie sind deutlich technischer als in Paris. In Paris haben wir die großen Linien für ein zukünftiges Klimaschutzregime festgelegt. Viele Detailfragen zur Ausgestaltung des Abkommens sind noch zu klären. Unser Ziel für die weiteren Verhandlungen ist es, die Strukturelemente und Mechanismen des Paris-Abkommens so aufeinander abzustimmen, dass die Langfristziele des Abkommens erreicht werden.

Stichwort auch "Ambitionssteigerung". Der in Paris vereinbarte Transparenzrahmen muss so angelegt werden, dass er Auskunft darüber geben kann, ob die Staaten die von ihnen selbst bestimmten Ziele auch tatsächlich erreichen. Diese Informationen sind entscheidend für die globale Bestandsaufnahme, die zukünftig alle fünf Jahre ermitteln soll, wie weit die Staatengemeinschaft insgesamt gekommen ist. Im Lichte der globalen Bestandsaufnahme werden die Staaten ihre nächsten Klimabeiträge festlegen, die jeweils ambitionierter ausfallen müssen als die vorherigen. An diejenigen, die nicht genau wissen, worum es geht: Dies alles verpflichtet Deutschland als Staat. Wir machen hier keine Alleingänge, sondern wir sind ein Staat von 195. Nur alle 195 Staaten zusammen können dieses Klimaschutzabkommen erfüllen. Manchmal wird mir ja vorgehalten, ich würde Alleingänge machen. Nein, das Gegenteil ist der Fall. Das Klimaschutzabkommen ist die Summe der einzelnen Beiträge aller Staaten, um das noch einmal ganz deutlich zu machen. Wir werden uns in Marrakesch für einen ambitionierten Fahrplan für die weiteren Verhandlungen einsetzen, sodass alle noch offenen Detailfragen spätestens bis 2018, zum ersten Überprüfungsmechanismus, geklärt werden können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir zum Schluss aus aktuellem Anlass noch einen Kommentar: Die USA haben beim Zustandekommen des Pariser Klimaschutzabkommens eine führende Rolle gespielt. Wir gehen davon aus, dass völkerrechtliche Verpflichtungen gelten und natürlich auch nach Regierungswechseln eingehalten werden und fortgelten. Wir pflegen mit den USA eine sehr gute Zusammenarbeit beim Klimaschutz, und wir wünschen uns, dass dies so bleibt.


Anlagen
- Nr. 132-1 (PDF) 117KB
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Bulletin/2016/11/Anlagen/132-1-bmub.pdf?__blob=publicationFile

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Internet: www.deutschland-kann-das.de

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Quelle:
Pressemitteilung, 11.11.2016
Herausgeber:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. November 2016

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