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BIENEN/150: Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit zu Risiken durch Neonicotinoide für Bienen (EFSA)


Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA

Pressemitteilung - 16. Januar 2013

EFSA identifiziert Risiken durch Neonicotinoide für Bienen



Die Wissenschaftler der EFSA haben eine Reihe von Risiken für Bienen identifiziert, die von drei Neonicotinoid-Insektiziden[1] ausgehen. Die Behörde wurde von der Europäischen Kommission mit der Bewertung der Risiken im Zusammenhang mit der Verwendung von Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam zur Saatgutbehandlung bzw. in Form von Granulat ersucht; dabei lag besonderes Augenmerk auf deren akuten und chronischen Wirkungen im Hinblick auf das Überleben und die Entwicklung von Bienenvölkern, den Auswirkungen auf Bienenlarven und das Bienenverhalten sowie auf den durch subletale Dosen[2] dieser drei Wirkstoffe bedingten Risiken. In einigen Fällen konnte die EFSA aufgrund von mangelnden Informationen die Risikobewertung nicht abschließen.

Die Risikobewertungen konzentrierten sich auf drei wesentliche Expositionspfade: Exposition durch Rückstände in Nektar und Pollen der Blüten behandelter Pflanzen, Exposition durch Stäube, die bei der Aussaat behandelten Saatguts oder beim Streuen von Granulat entstehen, sowie Exposition durch Rückstände in der Guttationsflüssigkeit[3] von behandelten Pflanzen.
In den Fällen, in denen es der EFSA möglich war, die Risikobewertungen abzuschließen, kam sie gemeinsam mit wissenschaftlichen Sachverständigen aus den EU-Mitgliedstaaten für alle drei Wirkstoffe zu folgendem Schluss:
Exposition durch Pollen und Nektar: Nur die Verwendung bei Nutzpflanzen, die für Honigbienen uninteressant sind, wurde als akzeptabel erachtet.
Exposition durch Stäube: Ein Risiko für Honigbienen bestand bzw. konnte nicht ausgeschlossen werden, mit einigen Ausnahmen, wie bei der Verwendung für Zuckerrüben oder Nutzpflanzen, die in Gewächshäusern angebaut werden, und bei der Verwendung einiger Granulatformen.
Exposition durch Guttation: Nur die Risikobewertung für mit Thiamethoxam behandeltem Mais konnte abgeschlossen werden. Hier zeigen Feldstudien eine akute Wirkung auf Honigbienen, die dem Wirkstoff mittels Guttationsflüssigkeit ausgesetzt waren.

Die Schlussfolgerungen der EFSA enthalten Tabellen, in denen alle in der EU zugelassenen Verwendungen dieser drei Wirkstoffe zur Saatgutbehandlung sowie in Form von Granulat aufgeführt sind. Ferner ist für jeden Expositionspfad angegeben, in welchen Fällen ein Risiko festgestellt wurde, in welchen Fällen ein geringes Risiko festgestellt wurde und in welchen Fällen die Bewertung aufgrund mangelnder Daten nicht abgeschlossen werden konnte.

Für ihre Schlussfolgerungen haben die Wissenschaftler der EFSA Daten, die in der Vergangenheit zur Zulassung der Wirkstoffe auf EU-Ebene und zur Unterstützung der Produktzulassungen auf mitgliedstaatlicher Ebene eingereicht wurden, sowie einschlägige Literatur und Überwachungsdaten ausgewertet. Ferner berücksichtigten sie neue Entwicklungen bei der Bewertung der von Pflanzenschutzmitteln ausgehenden Risiken für Bestäuber, insbesondere die Empfehlungen des wissenschaftlichen Gutachtens der EFSA vom Mai 2012 über die wissenschaftlichen Grundlagen für die Ausarbeitung eines Leitfadens zur Bewertung der Risiken durch Pflanzenschutzmittel für Bienen.

In diesem vom Gremium für Pflanzenschutzmittel und ihre Rückstände (PPR-Gremium) der EFSA veröffentlichten Gutachten wurde eine wesentlich umfassendere Risikobewertung für Bienen vorgeschlagen sowie striktere Kriterien für die Auslegung von Feldstudien vorgestellt. Die vorgeschlagenen Änderungen sollen Bienen im Rahmen der Bewertung der Risiken durch Pestizide ein höheres Maß an Schutz bieten.

Da ein Großteil der Daten vor der Erstellung des Gutachtens generiert wurde, liefern sie nicht in allen Fällen die notwendigen Informationen. Zudem besteht bei den jüngsten Bewertungen ein hohes Maß an Unsicherheit, da der endgültige Leitfaden zur Bewertung der von Pflanzenschutzmitteln ausgehenden Risiken für Bienen[4] noch in Ausarbeitung ist.

Alle diese Faktoren haben dazu geführt, dass die Wissenschaftler der EFSA die Risikobewertungen für manche der in der EU zugelassenen Verwendungen nicht abschließen konnten; es wurden eine Reihe von Datenlücken festgestellt, die erst geschlossen werden müssen, damit eine weitergehende Bewertung der potenziellen Risiken durch Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam für Bienen möglich ist. Schließlich wird darauf hingewiesen, dass für andere Bestäuber als Honigbienen nur begrenzt Informationen vorlagen; es gilt somit, die Risiken für diese anderen Bestäuber näher zu untersuchen.

Conclusion on the peer review of the pesticide risk assessment for bees for the active substance clothianidin
http://www.efsa.europa.eu/de/efsajournal/pub/3066.htm
Conclusion on the peer review of the pesticide risk assessment for bees for the active substance imidacloprid
http://www.efsa.europa.eu/de/efsajournal/pub/3068.htm
Conclusion on the peer review of the pesticide risk assessment for bees for the active substance thiamethoxam
http://www.efsa.europa.eu/de/efsajournal/pub/3067.htm

Hinweise für die Redaktion:
Die EFSA war nicht an den Bewertungen beteiligt, die der Zulassung von Clothianidin und Thiamethoxam vorausgingen; das Peer Review dieser Wirkstoffe wurde von der Europäischen Kommission organisiert, bevor die EFSA in das Verfahren eingebunden war. Im Jahr 2012 veröffentlichte die EFSA eine Schlussfolgerung speziell zu Thiamethoxam, bei der Daten zur Exposition von Bienen berücksichtigt wurden, die der Antragsteller nach Erteilung der Zulassung eingereicht hatte. Die EFSA war am Peer Review von Imidacloprid beteiligt, das vor Zulassung des Wirkstoffs erfolgte. In ihrer Schlussfolgerung aus dem Jahr 2008 identifizierte die EFSA eine Reihe kritischer Problembereiche: Für Bienen, Vögel, Säugetiere, Wasser- und Bodenorganismen wurde anhand der vorliegenden Daten ein hohes Risiko ermittelt bzw. konnte nicht ausgeschlossen werden.
In Anbetracht der Bedeutung von Bienen für das Ökosystem und die Nahrungskette sowie im Hinblick auf die vielfältigen Dienste, die sie für den Menschen erbringen, ist ihr Schutz unbedingt erforderlich. Aufgrund ihres Auftrags, die Lebensmittelsicherheit in der EU zu verbessern und ein hohes Maß an Verbraucherschutz zu gewährleisten, kommt der EFSA bei der Sicherung des Überlebens der Bienen eine wichtige Rolle zu. Die Untersuchung zu Neonicotinoiden, die die Behörde durchgeführt hat, ist nur eine von zahlreichen Aktivitäten, die die Behörde im Bereich Bienengesundheit unternimmt. Erst kürzlich schloss die EFSA eine Übersicht über sämtliche Arbeiten, die sie im Zusammenhang mit Bienen durchgeführt hat, ab und ist derzeit dabei, Bereiche zu ermitteln, zu denen nicht genügend Daten oder Forschungsarbeiten vorliegen. Weitere Arbeiten, die sich speziell auf Bienen beziehen, umfassen den Leitfaden des PPR-Gremiums zur Bewertung der Risiken durch Pflanzenschutzmittel für Bienen, der im Frühjahr 2013 veröffentlicht wird, sowie ein wissenschaftliches Gutachten, das derzeit vom Gremium für Tiergesundheit und Tierschutz zum Risiko der Einschleppung von zwei Bienenschädlingen in die EU und deren dorti gen Ausbreitung fertiggestellt wird. Bei diesen Bienen befallenden Parasiten handelt es sich zum einen um den Kleinen Beutenkäfer (Aethina tumida) und zum anderen um asiatische Milben der Gattung Tropilaelaps.

[1] Neonicotinoide sind eine Gruppe von Insektiziden mit gleicher Wirkweise: Sie greifen das zentrale Nervensystem von Insekten an und verursachen Lähmungen und Tod. Verschiedene Studien der jüngeren Zeit legen nahe, dass die Exposition gegenüber Neonicotinoiden in subletalen Dosen erhebliche negative Auswirkungen auf die Bienengesundheit und auf Bienenvölker nach sich ziehen kann.
[2] Dosen, die zwar nicht tödlich sind, sich aber schädlich auswirken können.
[3] Guttation bezeichnet den Vorgang der Abgabe von Flüssigkeit in Form tauähnlicher Tropfen bei manchen Pflanzen.
[4] Guidance Document on the Risk Assessment of Plant Protection Products on Bees (in englischer Sprache, Entwurfsfassung am 20. September 2012 zur öffentlichen Konsultation veröffentlicht).

© EFSA

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Quelle:
Webnachricht - 16. Januar 2013
Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit - EFSA
Largo N. Palli 5/A, 43121 Parma (PR), ITALIEN
Rezeption: Telefon: +39 0521 036111, Fax: +39 0521 036110
E-Mail: press@efsa.europa.eu
Internet: www.efsa.europa.eu


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Januar 2013