Schattenblick → INFOPOOL → UMWELT → LANDWIRTSCHAFT


EUROPA/305: Patent auf herkömmlich gezüchtete Paprika (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzverbände e.V.
EU-Koordination

EU-News - 23. Oktober 2015 / Landwirtschaft & Gentechnik

Patent auf herkömmlich gezüchtete Paprika


Das Europäische Patentamt in München (EPA) hat dem Schweizer Konzern Syngenta ein Patent erteilt, das sich auf die Verwendung von Paprika "als Frischprodukt, als frisch geschnittenes Produkt oder für die Verarbeitung wie zum Beispiel die Konservenindustrie" erstreckt.

Auch die Pflanzen, deren Anbau und Ernte sowie das Saatgut fallen unter das Patent. Die angebliche Neuerfindung soll Paprikafrüchte ohne Samen produzieren und stammt aus konventioneller Züchtung, wie das internationale Bündnis "Keine Patente auf Saatgut!" meldet. Gentechnische Veränderungen wurden nicht vorgenommen.

Die europäischen Patentgesetze verbieten Patente auf Verfahren zur konventionellen Züchtung. Das EPA erteilt dennoch Patente auf Pflanzen, züchterische Merkmale sowie Saatgut und die Ernte, die aus dieser Züchtung stammen. Nach Angaben von "Keine Patente auf Saatgut!" handelt das EPA dabei auch aus Eigeninteresse, da die Einnahmen des Amtes aus Gebühren für die Prüfung und Erteilung von Patenten stammen.

"Syngenta kann andere daran hindern, diese Paprika anzubauen, zu ernten, als Nahrungsmittel zu verkaufen oder für die weitere Züchtung zu nutzen, wenn die Firma das will", sagt Christoph Then von "Keine Patente auf Saatgut!" Die Patentierung von Nahrungspflanzen sei ähnlich problematisch wie die Privatisierung von Wasser und erfordere eine klare Reaktion der Politik, mahnt Then.

Die EU-Kommission richtete vor über einem Jahr eine Arbeitsgruppe ein, die in den nächsten Wochen erste Ergebnisse veröffentlichen will. Kritische Beobachter erwarten jedoch nicht, dass die eher industriefreundliche EU-Kommission sich in nächster Zeit für weitreichende Änderungen stark machen wird.

Die europäischen Regierungen können jedoch über den Verwaltungsrat des EPA, der die politische Kontrollinstanz des Amtes darstellt, selbst aktiv werden. Die Mitgliedsländer des EPA können über die Auslegung der bereits bestehenden Verbote entscheiden und so für ihre Durchsetzung sorgen.

Die deutsche Bundesregierung dürfe mit ihrer seit Langem angekündigten europäischen Initiative nicht länger warten, während das EPA immer weitere Patente auf Nahrungspflanzen und deren Ernte erteile, sagte Then.

Der agrarpolitische Sprecher der Grünen/EFA im Europäischen Parlament Martin Häusling forderte, dass die EU-Kommission handelt und Druck auf das Patentamt ausübt. Tue sie es nicht, fördere sie die Monopolisierung auf dem Saatgutmarkt, untergrabe ihre eigenen Ziele wie die Förderung der Biodiversität und des Züchtermittelstands. Es sei wichtig, dass genetische Ressourcen für Züchter und Landwirte frei zugänglich bleiben, betonte Häusling. Strategische Patente, die Zucht- und Marktmonopole verstärkten, brächte keine Innovation für Europa, sondern behinderten diese. [mbu]

Internationaler Aufruf gegen Patente auf Saatgut
http:// www.no-patents-on-seeds.org

Der Text des Patentes
http://www.keinpatent.de/uploads/media/EP2166833B1.pdf

Grüne EU-Parlament
http://www.greens-efa.eu/de

*

Quelle:
EU-News, 23.10.2015
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Oktober 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang