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MELDUNG/002: Strafprozess gegen Weizenschützer beginnt in Sachsen-Anhalt (Gendreck-weg)


Gendreck-weg - Presseinformation vom 23. September 2010

Erster Strafprozess gegen WeizenschützerInnen in Aschersleben

Marathon-Kritik an Agro-Gentechnik


Am 28. September findet in Aschersleben (nahe Halle) der erste Strafprozess gegen die Gendreck-weg-AktivistInnen statt, die 2008 das gentechnisch veränderte Weizenfeld in Gatersleben unschädlich machten. Dies ist der zweite Strafprozess bundesweit, der wegen eines Angriffs auf ein wissenschaftliches Versuchsfeld stattfindet. Am vergangenen Donnerstag hat gerade ein Aktivist aus Hessen die ungewöhnlich hohe Strafe einer sechsmonatigen Haft angetreten. Die Gatersleber Angeklagten standen bisher immer wieder wegen einer privaten Schadensersatzklage vor Gericht, die strafrechtliche Verhandlung beginnt allerdings erst am kommenden Dienstag, über zwei Jahre später.

Allein das ist schon ungewöhnlich: üblicherweise warten private Kläger den Ausgang eines Strafprozesses ab, bevor sie das finanzielle Eigenrisiko einer Zivilklage wagen. Doch der Anwalt des Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) Horst Rehberger war sich seiner Sache wohl sehr sicher. Der ehemalige Wirtschaftsminister von Sachsen-Anhalt war zu seiner Amtszeit für das Voran-Treiben der Biotechnologie-Offensive in Sachsen-Anhalt verantwortlich. Seine Schadensersatzforderung wurden inzwischen allerdings schon einmal auf die Hälfte herunterkorrigiert.

Auch in den Strafprozess gehen die sechs jungen WeizenschützerInnen mit erhobenem Haupt. Sie wollen im Prozess die unzähligen Ungereimtheiten und Mängel des Genehmigungsantrages und der Durchführung des Versuches aufzeigen. Sie plädieren darauf, dass dieser Versuch eine solche Unverantwortlichkeit darstellte, dass "rechtfertigender Notstand" gegeben war, weil die offiziellen Behörden nicht einschritten.

Die Versuchsfläche mit gentechnisch verändertem Weizen befand sich nämlich in unmittelbarer Nähe der Vermehrungsflächen von tausenden alter Weizensorten, die auf dem Gelände des IPK nachgezüchtet werden. Eine Kontaminierung dieses Saatgut-Grundstocks, von dem Proben ständig in alle Welt verschickt werden, hätte verheerende Folgen gehabt. Selbst die Zulassungsbehörde BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) riet der Genbank, die Vermehrungsflächen zu verlegen.

"Auch ohne die skandalösen Umstände dieses unverantwortlichen Versuches gibt es genügend Gründe gegen die Anwendung der Agro-Gentechnik. Doch die Art und Weise wie dieser angeblich wissenschaftliche Versuch gelaufen ist, war der Auslöser für unsere Notwehr", betont Mirjam Anschütz, eine der Angeklagten.

Die sechs AktivistInnen laden für Montag, den 27.9., ab 18 Uhr zu einer Kundgebung auf den Aschersleber Markt ein. Gemeinsam mit der dortigen Montagsdemonstration wollen sie auf die "Organisierte Unverantwortlichkeit" der Gentechnikbranche aufmerksam machen. Am Dienstag, dem 28.9. beginnt dann um 9.30 Uhr der Prozess am Amtsgericht Aschersleben. Der Prozess ist öffentlich. Die Angeklagten freuen sich über rege Beteiligung von UnterstützerInnen. Da die Angeklagten viel zu sagen haben, stellen sie sich auf einen ganztägigen Prozess ein.

Hintergrundinformationen unter: www.freiwillige-feldbefreiungen.de


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Quelle:
Pressemitteilung, 23.09.2010
Gendreck-weg
Maurenstraße 9, 38300 Wolfenbüttel
Telefax: 0761 / 40 04 22 6
E-Mail: aktion@gendreck-weg.de
Internet: www.gendreck-weg.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. September 2010