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KLIMA/361: US-Geheimdienstkoordinator Blair warnt vor Klimawandel (SB)


Ret. Admiral Blair (USA) betrachtet Klimawandel als ernsthafte Gefahr der nationalen Sicherheit


Der Klimawandel ist eine der größten Bedrohungen für die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten von Amerika, sagte kürzlich der neue Director of National Intelligence und führende Berater der US-Regierung Ret. Adm. Dennis Blair vor dem Geheimdienstausschuß des Senats. Die Auswirkungen des Klimawandels werden die bestehenden Probleme durch Armut, soziale Spannungen, Umweltverschmutzungen, ineffektive Regierungen und schwache politische Institutionen verstärken. Mit dem Anstieg der Temperatur werden Naturkatastrophen wie Überschwemmungen und Dürren zunehmen, was wieder weltweit die Instabilität von Regierungen fördern wird.

Inhaltlich sind diese Erklärungen Blairs nicht neu. Schon in April 2007 waren elf ehemalige US-Generäle und -Admirale in der Studie "National Security and the Threat of Global Climate Change" für das Center for Naval Analyses (CNA) zu ähnlichen Aussagen gekommen. Und im vergangenen Jahr bezeichneten EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner und der Hohe EU-Repräsentant Javier Solana in einem gemeinsamen Bericht den Klimawandel als "Vervielfältiger" bestehender Probleme.

Seitdem hat sich die Weltlage dramatisch zugespitzt. Dabei zeigte sich, daß die Analysen sogar noch relativ zurückhaltend ausgefallen waren. So wurde der explosionsartige Preisanstieg für Lebensmittel weltweit im vergangenen Jahr noch nicht berücksichtigt. Rund 100 Millionen Menschen zusätzlich leiden seitdem Hunger, eine noch größere Zahl ist unter die Armutsgrenze gerutscht. In vielen Entwicklungsländern konnten sich die Menschen nur noch eine Mahlzeit pro Tag leisten, während sie zuvor mindestens zwei Mahlzeiten zu sich genommen hatten. Zwar gingen die sehr hohen Lebensmittelpreise wieder ein wenig zurück, in diesem Jahr kam allerdings die Finanz- und Wirtschaftskrise hinzu, die bereits Auslöser von Demonstrationen und sozialen Unruhen in Island, Griechenland, England und einer Reihe von osteuropäischen Länder waren.

Insofern ist die aktuelle Aussage Dennis Blairs, der ebenfalls an der CNA-Studie beteiligt war, anders zu bewerten, als seine mitverfaßten Erklärungen aus dem Jahr 2007. An die Stelle der Mutmaßung über die Entwicklung ist inzwischen Gewißheit getreten ... ergänzt durch die Erkenntnis, daß selbst Worst-case-Szenarien nicht immer die schlechtesten Entwicklungen vorherzusagen vermögen.

Nach den Hungerrevolten auf Haiti und den teils gewaltsam vorgetragenen und mit großer Härte von den Sicherheitskräften beantworteten Protesten in bis zu drei Dutzend Staaten ging ein Raunen durch Regierungen und Institutionen wie Weltbank und IWF. Mit einem so hohen Tempo der Verschlechterung der Lebensverhältnisse weltweit hatte vermutlich niemand gerechnet! Es mußte gegengesteuert werden, und so wandten sich Politiker und Wissenschaftler vor allem gegen die hemmungslose Produktion von Biosprit, da die zu Lasten des Nahrungsanbaus geht, und sprachen sich für die Förderung der Subsistenzwirtschaft aus. Plötzlich sollten die Selbstversorgungskräfte der Menschen gestärkt werden - nachdem genau das jahrzehntelang verpönt war und die Entwicklungsländer regelrecht genötigt wurden, "cash crops", also für den Weltmarkt vorgesehene landwirtschaftliche Produkte anzubauen.

Nicht nur in Hinblick auf die gesellschaftlichen Entwicklungen blieben die Prognosen von CNA und EU hinter den tatsächlichen Vorgängen zurück, gleiches galt für die Voraussagen zur Klimaentwicklung. Die Konzentration des Treibhausgases CO2 stieg weiter beschleunigt an, auf der zu Norwegen gehörenden arktischen Insel Spitzbergen wurde jüngst ein Kohlendioxidgehalt von 392 ppm (parts per million) registriert; das Ozonloch erreichte beinahe die größte jemals gemessene Ausdehnung; die globale Durchschnittstemperatur hat sich beschleunigt erhöht. Zugleich wird aus nahezu allen Hochgebirgen ein überraschend deutlicher Verlust an Schnee und Eis beobachtet, und die sogenannten Permafrostböden Sibiriens geben mehr und mehr Methan frei, da sie nicht mehr durchgängig gefroren sind. Dürren in Argentinien, Uruguay, Australien, Kalifornien, Texas, Ostafrika und China in diesem Jahr lassen Ernteeinbußen erwarten, die abermals zu einem starken Preisanstieg für Lebensmittel führen könnten.

Vor diesem Hintergrund gewinnen die Erklärungen des US-Geheimdienstkoordinators Dennis Blair zum Klimawandel an Gewicht. Es wäre naiv anzunehmen, daß der neue Direktor der 16 US-Geheimdienste keine Maßnahmen zum Schutz der bestehenden Ordnung in die Wege leiten wird. Zweifellos genießt Klimaschutz in der Obama-Administration einen hohen Stellenwert. Es wird jedoch genau zu verfolgen sein, ob und inwiefern in diesem Zusammenhang auch die Mittel und Wege der Vorgängerregierung zur Bevölkerungskontrolle, einschließlich der Fülle an präsidialen Anweisungen (executive orders), welche die Grundrechte der Bürger außer Kraft setzen können, beibehalten oder sogar ausgebaut werden.

20. Februar 2009