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KLIMA/609: Allgemeiner Sauerstoffschwund in den Weltmeeren (SB)


Globale Erwärmung sorgt anscheinend für verringerten
Sauerstoffgehalt der Ozeane


Erstmals haben Forscher in einer globalen Studie festgestellt, daß der Sauerstoffgehalt der Ozeane abgenommen hat. Während der Rückgang der Sauerstoffkonzentration in der Atmosphäre, der bei knapp 21 Prozent liegt, bislang nur sehr gering ausfällt, verzeichnen die Weltmeere sehr viel stärkere Verluste.

Die Studienautoren vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel vermuten, daß die steigenden Wassertemperaturen für die Verluste verantwortlich sind. Denn wärmeres Oberflächenwasser enthält weniger Sauerstoff als kälteres. Darüber hinaus sorgt die allmähliche Erwärmung der Ozeane dafür, daß sich die Schichtung der Wassersäule tendenziell stabilisiert. Das bedeutet, daß der Sauerstoffaustausch vom Oberflächenwasser in größere Tiefen gebremst wird. [1]

Die GEOMAR-Forscher Dr. Sunke Schmidtko, Dr. Lothar Stramma und Prof. Dr. Martin Visbeck, die die Ergebnisse ihrer "bisher umfassendsten Studie zum globalen Sauerstoffgehalt in den Weltmeeren" im Wissenschaftsmagazin "Nature" veröffentlichten, fanden heraus, daß der Sauerstoffgehalt in den Weltmeeren in den letzten 50 Jahren um mehr als zwei Prozent abgenommen hat. Regional wurden sogar noch höhere Verluste beobachtet, beispielsweise im Nordpazifik. Die Forscher bezeichneten die Folgen dieser Entwicklung für die Meeresbewohner als "weitreichend".

Um sicher sagen zu können, daß die globale Erwärmung Ursache der Sauerstoffabnahme ist, fehlt noch die Datengrundlage. Natürliche Prozesse, die über Zeitskalen von einigen Jahrzehnten auftreten, hält Prof. Visbeck für zumindest nicht ausgeschlossen. Er verweist allerdings darauf, daß ihre Beobachtungen mit den meisten Modellrechnungen übereinstimmen, die zum Anstieg der Kohlendioxidkonzentration und höheren Temperaturen in den Ozeanen und der Atmosphäre gemacht wurden.

Anknüpfend an diese Studie ist es sicherlich interessant herauszufinden, ob es nicht auch einen umgekehrten Effekt gibt: Wenn die Meere weniger Sauerstoff aus der Atmosphäre aufnehmen, sollte man dann nicht einen Anstieg der Sauerstoffkonzentration eben dort erwarten? Wenn dem so wäre, dann könnte man annehmen, daß der atmosphärische Sauerstoffverlust größer ist als angezeigt, da er zum Teil wieder durch die Nicht-Aufnahme von den Ozeanen ausgeglichen wird. Oder ist der Effekt so klein, daß er nicht meßbar ist, und womöglich nicht aus den natürlichen Schwankungen des Sauerstoffgehalts herausgelesen werden kann?

Wie auch immer diese Frage beantwortet werden wird - wenn die Verfügbarkeit von Sauerstoff im Meer abnimmt, hat das Folgen für die Menschen, beispielsweise für manche Küstenfischer, deren Netze leer bleiben. Und das wäre noch eine harmlose Folge verglichen mit einem wachsenden globalen Sauerstoffschwund in den Weltmeeren. Denn die Meere bilden wiederum die wichtigste Quelle für frei verfügbaren Sauerstoff in der Atmosphäre. Meeresplankton setzt mittels der Photosynthese mehr Sauerstoff frei als der tropische Regenwald, der als "Lunge der Erde" bezeichnet wird.

Was auch immer im Ozean geschieht, beeinflußt die Atmosphäre und umgekehrt. Damit sind die Lebensvoraussetzungen des Menschen und seiner Mitwelt unmittelbar betroffen. Erdgeschichtlich sind zwar Phasen aufgetreten, in denen der Sauerstoffgehalt auf 15 bis 17 Prozent reduziert war, und dennoch Leben existierte. Ob aber der Mensch ohne weiteres in einer sauerstoffreduzierten Welt weiterexistieren könnte, als sei nichts geschehen, ist fraglich. Zumal mit deutlichen Einbußen bei der landwirtschaftlichen Produktion zu rechnen wäre.


Fußnote:

[1] http://www.geomar.de/news/article/weniger-sauerstoff-in-allen-meeren/

16. Februar 2017


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